Rothirsch (Cervus elaphus)
Rothirsch in der Brunft im Morgengrauen
Rothirsch (Cervus elaphus): Wildtier mit Geweih und Geheimnissen
Der Rothirsch ist der König der Wälder – anpassungsfähig, scheu, eindrucksvoll. Entdecke Lebensweise, Brunft, Ernährung und Beobachtungstipps in diesem Porträt.
- Größtes deutsches heimisches Wildtier mit bis zu 350 kg Körpergewicht
- Nur männliche Tiere tragen ein mächtiges Geweih
- Lebt heute meist im Wald, obwohl er ursprünglich ein Steppentier war
- Hervorragende Sinne: riecht Feinde auf hunderte Meter
- Isst täglich bis zu 20 kg Pflanzen – spielt wichtige Rolle im Ökosystem
- Beeindruckende Brunftzeit im Herbst mit lauten Rufen
- Schwer zu fotografieren – aber jede Sichtung ein Erlebnis
Eckdaten
- Artname: Cervus elaphus
- Spitzname: Edelhirsch
- Größe: 165–205 cm Körperlänge
- Gewicht: 100–113 kg in Mitteleuropa
- Geweih: nur bei Männchen, bis zu 140 cm lang
- Lebensraum: Waldgebiete mit Lichtungen und Dickicht
- Ernährung: Gräser, Kräuter, Zweige, Rinde, Pilze, Moose
- Verbreitung: Europa, Asien, Nordafrika, Neuseeland
- Aktivitätsmuster: vor allem dämmerungs- und nachtaktiv
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Lebensraum: Vom Steppentier zum Waldbewohner
- Körperbau: Masse mit Ausdauer
- Sinne: Frühwarnsystem auf vier Beinen
- Ernährung: Nichts ist zu zäh
- Brunft: Laut, wild und voller Kraft
- Geweih: Das Knochenwunder
- Gefährdung & Schutz: Kein Platz für Könige?
- Beobachtung & Fotografie: Der schlaue Weg zum Ziel
- FAQ – Häufige Fragen
Einführung
Wenn im Herbst ein tiefes Röhren durch den Wald hallt, ist klar: Der Rothirsch ist da. Mächtig, vorsichtig und majestätisch zieht er durch das Dickicht. In seinem Geweih steckt nicht nur Gewicht, sondern auch Bedeutung. Doch wer glaubt, dieser Koloss sei plump oder träge, unterschätzt ihn gewaltig.
Der Rothirsch lebt zwar meist im Verborgenen, aber er prägt ganze Lebensräume. Sein Verhalten verrät viel über den Zustand unserer Wälder – und über unser Verhältnis zur Natur.
Lebensraum: Vom Steppentier zum Waldbewohner
Rothirsch (Cervus elaphus) – Bild entstand am Darß Zingst, Mecklenburg-Vorpommern
Ursprünglich lebte der Rothirsch in offenen Landschaften. Doch durch den Einfluss des Menschen und die Zerschneidung der Natur durch Straßen, Dörfer und Städte wurde er anpassungsfähig – heute trifft man ihn vor allem in strukturreichen Wäldern an.
Besonders wohlfühlt er sich dort, wo Dickicht Schutz und Lichtungen Nahrung bieten. Der Hirsch braucht keine Wildnis, aber Rückzugsorte ohne Störungen. Deshalb ziehen viele Bundesländer eine Grenze: Sie erlauben Rotwild nur in sogenannten Rotwildbezirken. Außerhalb davon ist die Art oft ganzjährig geschützt oder gar nicht erwünscht.
Körperbau: Masse mit Ausdauer
Der Rothirsch beeindruckt durch seinen kräftigen Körper. Während Sardinien-Hirsche nur rund 80 kg wiegen, erreichen Tiere in den Karpaten über 300 kg. Ein zehnjähriger Hirsch im Harz bringt es meist auf 100 bis 113 Kilogramm.
Trotz der Masse ist er erstaunlich beweglich. Er durchquert Wälder fast lautlos, überwindet Hindernisse mit Leichtigkeit und bleibt selbst im Sprint über kurze Strecken schneller als mancher Jogger.
Sinne: Frühwarnsystem auf vier Beinen
Ein Rothirsch sieht nicht wie ein Adler – aber dafür rundherum. Seine seitlich stehenden Augen geben ihm einen weiten Blickwinkel. Doch das ist nur der Anfang:
- Geruchssinn: Der Hirsch riecht Feinde über hunderte Meter – sogar gegen den Wind. Dazu hebt er den Kopf, öffnet leicht das Maul und bewegt seinen Nasenspiegel – wie ein Spürhund.
- Gehör: Seine Ohren drehen sich unabhängig voneinander. Ein Rascheln im Dickicht? Ein Schritt im Laub? Der Hirsch merkt es – lange bevor Du ihn bemerkst.
Ernährung: Nichts ist zu zäh
Ein ausgewachsener Hirsch frisst täglich 8 bis 20 Kilogramm Pflanzenmaterial. Seine Nahrung ist vielseitig:
- Gräser und Kräuter
- Baumrinde und junge Zweige
- Früchte, Pilze, Moose und Flechten
Sein Pansen fasst bis zu 25 Liter und erlaubt es ihm, auch zellulosehaltige Kost zu verwerten – etwa Rinde im Winter. Dabei meidet er nur wenige Arten, zum Beispiel manche Disteln oder Sauergräser.
So beeinflusst der Rothirsch auch, welche Pflanzen sich im Wald durchsetzen. Sein Fraßverhalten formt das Ökosystem – im Guten wie im Schlechten.
Brunft: Laut, wild und voller Kraft
Wenn der Herbst beginnt, wird der Wald zur Bühne. Die Brunftzeit ist das Schauspiel der Hirsche – laut, körperlich, voller Energie.
- Die Hirsche röhren, um Rivalen zu beeindrucken und Weibchen anzulocken.
- Kämpfe um Harems sind keine Seltenheit – dabei kommen die mächtigen Geweihe zum Einsatz.
- In dieser Zeit geben sich die Tiere kaum Ruhe – Nahrung und Sicherheit rücken in den Hintergrund.
Körpersprache, Geruch und Lautstärke übernehmen die Hauptrolle. Nach der Paarung zerfällt der Harem wieder – und der Alltag kehrt zurück.
Geweih: Das Knochenwunder
Das Geweih ist nicht nur Zierde, sondern ein biologisches Meisterwerk. Es besteht aus bis zu 5 kg Knochenmasse, wächst jährlich neu – und das in nur etwa 140 Tagen. Die größten Exemplare wiegen über 20 kg.
Ein eindrucksvolles Beispiel: 2014 wurde im Duvenstedter Brook bei Hamburg ein Hirsch mit einem 15,55 kg schweren Geweih beobachtet.
Der Geweihwechsel läuft nach Plan:
- Abwurf meist im Februar
- Wachstum über den Frühling
- Vollständiges Geweih zur Brunftzeit im Spätsommer
Mit dem Geweih signalisiert der Hirsch Alter, Kraft und Rang – nicht nur seinen Rivalen, sondern auch potenziellen Partnerinnen.
Gefährdung & Schutz: Kein Platz für Könige?
Trotz seiner Stärke steht der Rothirsch unter Druck. Hauptgrund: zerschlagene Lebensräume. Autobahnen, Ortschaften, Windräder – sie schneiden den Wald auf. Rückzugsräume schrumpfen.
In vielen Regionen ist er auf wenige, festgelegte Gebiete beschränkt. Dort darf er leben – und oft auch bejagt werden. Außerhalb dieser Bezirke ist der Bestand entweder unerwünscht oder strikt geschützt.
Dieser Spagat führt zu Diskussionen: Wie viel Wild verträgt der Wald? Und wie viel Wald braucht das Wild?
Beobachtung & Fotografie: Der Weg zum Ziel
Den Rothirsch zu sehen, ist ein Glück. Er lebt meist scheu und vorsichtig – Menschen geht er normal aus dem Weg. Trotzdem kannst Du Deine Chancen erhöhen:
- Früh aufstehen: In der Dämmerung ist er aktiv.
- Leise bleiben: Geräusche und Bewegungen meiden.
- Den Wind beachten: Immer gegen den Wind pirschen.
- Richtiger Ort: Wälder mit Lichtungen, freie Sichtachsen.
Fototipp: Verwende ein Teleobjektiv ab 600 mm. Und rechne damit, dass Du mehr Zeit mit Warten als mit Fotografieren verbringst. Aber jede Begegnung lohnt sich.
FAQ – Häufige Fragen
Wie erkenne ich Rothirsch-Spuren im Wald?
Achte auf große, längliche Trittspuren, Losung in Form von walnussgroßen Kugeln und abgeschälte Rinde in Brusthöhe.
Tragen auch weibliche Hirsche ein Geweih?
Nein. Nur männliche Tiere – das sogenannte Kahlwild bleibt geweihlos.
Wann ist die beste Zeit für eine Beobachtung?
Frühmorgens oder in der Dämmerung, besonders im Herbst zur Brunftzeit.
Wie lange lebt ein Rothirsch?
In freier Wildbahn meist 12–15 Jahre. In Wildgehegen auch deutlich länger.
Warum röhren Hirsche?
Das Röhren dient zur Reviermarkierung, Einschüchterung von Rivalen und Anlockung von Weibchen.